Eine authentische Trauerrede nimmt den verstorbenen Menschen in den Mittelpunkt und spendet Trost. Auch Gebete und Rituale dürfen in einer freien Trauerfeier ihren Platz finden.
Fehlendes Wissen über freie Trauerfeiern
Eine Trauerfeier ohne Blumen, Kerzen und Musik ist kaum denkbar. Es gibt wunderschöne Dekorationsmöglichkeiten für Trauerfeiern, die uns ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Sie sind wie ein letztes Geschenk an den verstorbenen Menschen und verraten viel über Lieblingsfarben oder Leidenschaften. Auch Musik gehört dazu und entfaltet eine emotionale Wirkung, der man sich schwer entziehen kann.
Doch eine authentische Abschiedsrede ist oft noch nicht Teil der Bestattung. Woran liegt das? Obwohl die meisten Menschen freie Trauungen kennen, scheinen sie nicht zu wissen, dass es auch frei gestaltete Beerdigungszeremonien gibt. Einmal hörte ich sogar die Frage, ob man “ohne Kirche” überhaupt “dürfe”?
Ein häufiges Missverständnis ist, dass eine freie Trauerfeier nicht religiös oder spirituell sein dürfte. Ganz im Gegenteil! In freien Trauerfeiern haben genau die Rituale und Gebete Platz, die den Angehörigen wichtig sind. Ablauf, Musik und Inhalt orientieren sich hier am verstorbenen Menschen und nicht an einem festgelegten religiösen Zeremoniell. So gibt es wunderschöne Abschiedsfeste, die gänzlich ohne religiöse Inhalte auskommen.
Leider gibt es unzählige Berichte von Trauerfeiern, in denen das Leben des verstorbenen Menschen nur wenig Platz hatte. So wirkte die Trauerfeier austauschbar oder es wurden nur ein paar Lebensdaten vorgelesen. Manch ein Geistlicher erwähnte gar, dass er eigentlich gar keine Zeit oder Ideen für eine individuelle Lebensrede hatte. Was denken wohl die Angehörigen in diesem Moment? Warum darf ein reich gefülltes Leben keinen angemessenen Platz neben religiösen Inhalten haben? Es schmerzt mich, wenn es so wenig Bewusstsein für die Bedürfnisse von Trauernden gibt.
Die transformative Kraft einer Rede
Immer mehr Angehörige wünschen sich eine Abschiedszeremonie, in der der verstorbene Mensch im Mittelpunkt steht und die sie mitgestalten können. Sie wissen, dass eine gute Rede einen positiven Unterschied für ihre Trauer macht. Eine Kollegin von mir spricht von einer „transformativen Kraft“, die sie als Rednerin regelmäßig spürt. Und darum geht es.
Eine schöne Zeremonie nimmt keine Trauer und sie kann den Verlust nicht leichter machen. Aber sie macht den Tag auch nicht noch schwerer, als er sowieso schon ist. Sie ermöglicht den Angehörigen, innezuhalten und diesen wichtigen Moment der Veränderung bewusst zu erleben. Denn in Zukunft wird nichts mehr wie vorher sein. Der Alltag wird ohne diesen Menschen weitergehen.
Meine Rede ermöglicht es, für ein paar Minuten auf Pause zu drücken und sich noch einmal ganz auf das Leben des verstorbenen Menschen einzulassen. Sich die Fülle der Erlebnisse und Begegnungen bewusst zu machen. Den Lebensfilm zu sehen, Dankbarkeit zu spüren und ein wenig Kraft für den kommenden Trauerweg zu schöpfen.
Bei mir darf geweint und geschmunzelt und ja – auch gelacht werden. Und auf Wunsch sprechen wir gemeinsam ein Gebet oder gestalten ein Abschiedsritual. Ich bin die Stimme der Angehörigen, wenn ihnen vor Schmerz die Worte fehlen.
Wird nirgendwo so viel gelogen wie auf einer Beerdigung?
Vermutlich haben die meisten von uns schon Trauerfeiern erlebt, in der eine gewisse Anspannung spürbar war. Möglicherweise gab es mit dem verstorbenen Menschen viele Konflikte und Verletzungen. Doch der Tag der Trauerfeier ist nicht der Tag der Abrechnung.
Das bedeutet nicht, dass ich schwierige Lebensumstände schönrede oder ignoriere. Ich finde einfühlsame Worte für Ecken und Kanten und bewahre dabei trotzdem einen wertschätzenden Blick. Dabei fühle ich mich als Vermittlerin zwischen den Angehörigen und dem verstorbenen Menschen. Denn nicht jede Familiengeschichte ist leicht. Den Schmerz beider Seiten anzuerkennen und mit Fingerspitzengefühl in passende Worte zu setzen, ist wichtig und eine Herausforderung, der ich mich gerne stelle.
Ich glaube daran, dass mit dem Abschiednehmen ein innerlicher Prozess der Versöhnung beginnt. Ein respektvoller Abschied kann dabei helfen, schweres seelisches Gepäck abzulegen.
Die Rede als kleines Licht in der Dunkelheit
Jede*r von uns weiß, wie ein freundliches Wort den Tag erhellen kann und noch lange im Gedächtnis bleibt. Genau so soll der Tag der Verabschiedung von einem geliebten Menschen wie ein kleines Licht in der Dunkelheit leuchten. Meine Reden rufen die schönen Erinnerungen wach, die wir dankbar im Herzen tragen, wenn wir zurück in den Alltag gehen. Aber genau so geben sie den Impuls, nach schwierigen Erlebnissen ein bisschen leichter weitergehen zu dürfen.
In meinem Artikel “Viele Menschen brauchen einen Ort zum Trauern” teile ich meine Gedanken zur Friedhofspflicht und alternativen Bestattungsmöglichkeiten mit Euch.